Page 2 - Chronogramme2020 - P. Herbert Douteil
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Vorwort
Die Gattung der Chronogramme ist keine griechische oder römische
Erfindung. Bis heute ist es umstritten, wer sie erfunden hat. Aber man ver- bindet
mit Chronogrammen die lateinische Sprache. In dieser Sprache haben Gelehrte
vor allem in der barocken Zeit so etwas wie einen Zeitgeist fest- gehalten. Darauf
deutet auch die Übersetzung der Chronogramme hin: Zeit-Sprüche bzw. Zeit-
Schriften. Wer heute sehenden Auges durch Altstädte geht, findet immer wieder
diese Zeit-Sprüche auf Inschriften, die durch ihre goldenen römischen
Zahlbuchstaben ins Auge fallen und oft schon Jahr-hunderte überdauert haben.
Regelmäßig bleibt in der Öffentlichkeit der Verfasser unbekannt. Sicher ist, dass
lateinische Chronogramme einen Höhe-punkt in der barocken Zeit fanden, vor
allem im deutschsprachigen Raum.
Das Wissen um Chronogramme ist nie verloren gegangen, und so erlebt die
Praxis des Chronogrammschreibens im 20. und 21. Jahrhundert überraschend ein
Wiederaufleben. Heute gibt es ein Netzwerk von Chrono-grammatisten, die ihre
Feststellung über gesellschaftliche oder politische Situationen, aber auch ihre
Wünsche zu Beginn eines neuen Jahres oder zu aktuellen Anlässen in
lateinischen Chronogrammen festhalten. Vorausset-zungen sind eine Sicherheit
in der lateinischen Sprache und ihre aktive Beherrschung und ein Gespür für
gesellschaftliche Entwicklungen.
Alle Voraussetzungen bringt Herbert Douteil mit. Er ist ein ausge- wiesener
Kenner der lateinischen Sprache und hat im Laufe der letzten Jahrzehnte eine
enorme, geradezu tägliche Routine im Erstellen von Chronogrammen gewonnen.
Was die Produktivität angeht, dürfte Herbert Douteil in den ersten zwei
Jahrzehnten dieses Jahrhunderts das weltweite Ranking anführen. Was seine
Chronogramme darüber hinaus auszeichnet, sind die hohe theologische
Gelehrsamkeit des Verfassers und ein feines Gespür für eine Illustrierung einer
Reihe seiner Chronogramme. Herbert Douteil ist mit der Zeit gegangen und hat
im tiefsten Amazonasgebiet seine große Produktion von Chronogrammen online
gestellt. Chronogramme wir-ken aber umso mehr, wenn man sie für alle Zeit
(chronos) auch schriftlich (gramma) in Buchform festhält. Es ist dem Verlag zu
danken, dass er diese Chance erkannt hat und ein bleibendes Monument errichtet
hat *. Horaz, hätte der virtuose lateinische Dichter die Gattung des
Chronogramms kennengelernt, würde heute anerkennend feststellen:
MONVMENTA AERE PERENNIORA SIBI ET NOBIS EXEGIT.**
Dr. Hermann Krüssel
28.06.2020
* Zum Zeitpunkt der Verfassung des Vorwortes ist nicht abzusehen, ob eine Druckausgabe erscheinen
kann oder es bei der Veröffentlichung im Internet bleibt.
** Denkmäler, dauerhafter als Bronze, hat er für sich und uns errichtet.- in engster Anlehnung an Horaz,
Oden III 30: Exegi monumentum aere perennius – ich habe ein Monument errichtet, dauerhafter als
Bronze.
Chronogrammatischer Jahresweg 2020 1