P. Herbert Douteil CSSp
priesterweihe
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Monika und Dr. Lothar Biskup berichten über ihren Einsatz im Projekt "Jesuskind von Nazareth"

Cruzeiro do Sul, 19.09. bis 16.10.12

Projekt-Bericht für die CBM und das Kindermissionswerk Aachen...

Unsere letzten Eindrücke und Erfahrungen im Acre vom Herbst 2012

Nachdem meine Frau Monika und ich bereits seit 1986 in unregelmäßigen Abständen schon mehrere medizinische Arbeitseinsätze in Brasilien absolviert hatten, startete unser Freund, Pater Dr. Herbert Douteil CSSp, 2004 ganz neu das Projekt "Fundação Menino Jesus de Nazaré" (MJdN).

Dem liegt bekanntlich das großartige, weil simple und effiziente Konzept der brasilianischen Kinderärztin Dr. Zilda Arns-Neumann zugrunde:
Da man unter den im abgelegenen Amazonasgebiet gegebenen Bedingungen mit sehr schwacher Infrastruktur praktisch keine voll ausgebildeten, examinierten Fachkräfte z. B. für Physiotherapie, Ergotherapie, Heilpädagogik oder Logopädie vorfindet, entwickelte sie die Idee, für die Therapie der behinderten Kinder vorwiegend junge Frauen mit gutem Schulabschluss durch Fachleute anzulernen für bestimmte Therapiemaßnahmen bei den Kindern und somit der Familie Orientierung zu geben, wie das Kind gefördert werden kann = daher der Name „Orientadora“.

Dies geschieht einerseits durch ortsansässige examinierte Physiotherapeuten (z.Zt. ist das Helen Gleicia Saraiva de Oliveira). Ganz zu Anfang des Projektes arbeitete für 2 Monate die deutsche Ergotherapeutin Ute Biskup mit und gab entsprechende Anleitungen; leider fanden wir bisher keinen Nachfolger zur Fortsetzung dieser Ergotherapie-Schulungen.

In die logopädische Therapie hat zunächst Nina Heyd die Orientadoras über viele Monate eingearbeitet, später fortgesetzt durch Christian Steiger und Jasmin Bitschnau.
Den Arbeitsbereich Spieltherapie und Heilpädagogik betreut regelmäßig meine Frau Monika Biskup während unserer gemeinsamen Besuche im Acre.

Über einige Details des letzten Besuches im September/Oktober dieses Jahres habe ich unmittelbar bei Abschluss berichtet (zum Bericht).

Weitere Gedanken und Impressionen:

Das Förderprojekt MJdN ist in der Region in und um Cruzeiro do Sul ohne Alternative. Es gab und gibt bis heute keine vergleichbare Anlaufstelle, wo gerade die armen Eltern Hilfe für ihre Kinder bekämen. Bei den lokal tätigen Kinderärzten oder einer Physiotherapeutin in eigener Praxis müsste jegliche Leistung selbst bezahlt werden! -- In Cruzeiro do Sul arbeitet allerdings seit einiger Zeit die APAE, jedoch schwerpunktmäßig mit erwachsenen Behinderten, nur ganz vereinzelt auch mit Kindern. Bei meinem letzten Besuch im Herbst 2102 habe ich aber ausdrücklich vorgeschlagen, eine Reihe älterer Kinder - etwa ein Dutzend – zur langfristigen Betreuung möglichst bei der APAE anzumelden und unterzubringen, um die Finanzen von MJdN ein wenig zu entlasten. Ob das gelingt, weiß ich bisher nicht.

Zum anderen sind in den letzten Jahren bereits sehr viele vorwiegend geistig behinderte Kinder, z. B. mit Down-Syndrom, in die Regelschulen aufgenommen worden. Dadurch konnte die Zahl der aktuell durch MJdN betreuten Kinder erheblich reduziert werden: Gegenüber maximalen Zahlen von bis zu 230 Kindern fördern wir im Moment etwa 150.

Ein weiterer Aspekt ist der , dass im benachbarten (allerdings wegemäßig weitesten) Municipio Rodrigues Alves einerseits nur relativ wenige Kinder zu betreuen sind, andererseits seit kurzem am Ort eine von der Kommune finanzierte Krankengymnastin tätig ist. An sie können wir alle Patienten von Rodrigues Alves übergeben. Somit können / müssen wir – leider - wir die dortigen Orientadoras „einsparen“.


Bei meinem letzten Besuch habe ich, wie schon ausgeführt, bewusst weniger Hausbesuche eingeplant, weil vorhersehbar relativ viel Zeit für Gespräche und Pläne zur strukturellen (und finanziellen?) Neuausrichtung erforderlich war.

Jedes Mal sind meine Frau und ich – wie auch Nina oder Christian - beeindruckt von der hohen Motivation der fantasievoll arbeitenden Orientadoras und der umsichtigen Koordinatoren, von ihrem Eifer und der liebevollen empathischen Betreuung der Kinder. Dabei kann diese Arbeit bekanntlich wegen der nur langsam und nur mit extremer Geduld erzielbaren kleinen Fortschritte so manches Mal durchaus auch frustrierend sein. Wir können aber nur bewundernd bestätigen, dass Alle absolut engagiert „bei der Sache sind“. In den letzten Jahren haben wir jeweils gegen Ende unseres Besuches eine Fortbildung (Formação) für das gesamte Team der Fundação zu verschiedenen Themen angeboten. Das stieß immer auf großes Echo mit reger Beteiligung – und sollte unbedingt fortgesetzt werden.

Zusammenfassend möchte ich betonen:

Das Projekt – die „Fundação Menino Jesus de Nazaré“ - arbeitet seit nunmehr fast 9 Jahren sehr zuverlässig und mit hohem Ansehen in der Bevölkerung -- leider bis heute ohne die eigentlich so selbstverständliche finanzielle Unterstützung durch die „Öffentliche Hand“. Obwohl es ja ausschließlich nur um brasilianische Kinder geht!

Das Projekt arbeitet absolut selbstständig mit hochmotivierten und begeisterten Orientadoras unter der Anleitung der engagierten brasilianischen Koordinatoren.
Fremde, ausländische Hilfe ist im fachlich-medizinischen Bereich nur punktuell nötig (z.B. Kinderarzt, Logopäde, Ergotherapeut, Heilpädagoge). Dafür hat sich jeweils ein gut vorbereiteter Arbeitsbesuch pro Jahr bestens bewährt und ist so auch ausreichend; zumal zwischendurch jederzeit Emailkontakte möglich sind und auch realisiert werden.

Finanziell hängt die weitere Existenz der Stiftung MJdN bisher allerdings leider weiter komplett von außerbrasilianischen Geldgebern ab.



Solange der brasilianische Staat (angefangen von der Ebene des Municipios oder Kommunes über das Bundesland Acre bis hin zur zentralen Bundesregierung) sich nicht an der Finanzierung beteiligt bzw. dieses wundervolle, wichtige und bereits sehr gut etablierte Projekt nicht für seine Bürger und deren behinderte Kinder übernimmt, hängt „Menino Jesus de Nazaré“ vollkommen am „Spendertropf“.

Pater Herbert Douteil mit seinen inzwischen 77 Jahren und angeschlagener Gesundheit kann sicher leider nicht mehr lange größere Spendenmittel zur Fortführung dieser lohnenden und für die Betroffenen unersetzlichen Arbeit aufbringen.

So hoffen wir auf weitere Hilfe und bitten wir um eine möglichst langfristige und auskömmliche Finanzielle Unterstützung dieser Arbeit durch die Christoffel-Blindenmission (CBM). Ein Kollaps des Projektes wäre für alle Betroffenen katastrophal und würde für die meisten Kinder nicht nur ein Ende möglicher Entwicklungsfortschritte sondern in vielen Fällen erhebliche traurige Rückschläge bedeuten.

Unsererseits arbeiten wir zusammen mit den Koordinatoren weiter ernsthaft daran, mögliche Einsparungen zu realisieren, um die Arbeit der Fundação möglichst dauerhaft zu sichern.

Monika und Dr. Lothar Biskup
Neuss, den 07. Dezember 2012

Bericht für die CBM und das Kindermissionswerk Aachen...