P. Herbert Douteil CSSp
priesterweihe
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Rückblick und Ausblick anlässlich des Jahreswechsels

Cruzeiro do Sul, 02.01.2013

Ich habe das neue Jahr wie so oft schon wieder in der Hängematte in der Sakristei der Kapelle der heiligen Rita erlebt. Von Ferne hörte ich die Böllerschüsse über den Urwald von Cruzeiro do Sul her tönen, wo ein großes Feuerwerk abgebrannt wurde und vor der Wand der Kathedrale ein Flammenwasserfall herablief – das störte meine Gedanken nicht. Sie gingen zurück zu den Ferien, den Begegnungen mit der Familie, mit den Besuchen in Pfarreien, Schulen und Gruppen.

Während des Jahres hatte ich die Freude des Besuches von Kinderarzt Lothar Biskup, der sich wieder in seiner so fachmännisch gekonnten Art um die Kinder kümmerte und mit mir ein wenig musizierte.
Ich konnte meine Seelsorgebesuche weiterführen, meine täglichen Radioaufzeichnungen durchhalten, mich auf die Übersetzung des Rationale konzentrieren.
Letztere ist seit Ende November abgeschlossen. Ich bin dabei, die sehr umfangreiche Quellenangaben von mehr als 14.000 Stellen aus der kritischen Edition in die Übersetzung einzubauen. Ich kann meinem Freund Dr. Suntrup von der Uni Münster nur sehr dankbar sein, dass er mir die Texte einscannt, so dass ich nicht alle manchmal sehr komplizierten Zitate neu schreiben muss, was wegen der leider stark abnehmenden Sehkraft sehr schwierig wäre. Trotzdem wird dieser Prozess noch viel Zeit in Anspruch nehmen.

Weihnachten hatte ich meinen gewohnten Dienst – in den Kapellen gibt es gewöhnlich keine Krippe, so dass meine Gedanken an die Krippen in der Pfarrkirche Grefrath, bei Maria und Paul und bei Mieken gingen, aber auch nach Kevelaer. Denn die zweite Messe hatte ich in der Kapelle, die der „Trösterin der Betrübten“ geweiht ist.
Vorgestern und gestern hatte ich wieder einen vollen Dienst: An Silvester eine Messe in der voll besetzten Kapelle des heiligen Franziskus, gestern war ich zur Kapelle von „Maria Verkündigung“ am Oberlauf des Lagoinha, die ich nur dann besuchen kann, wenn es zusätzliche Feiertage oder Sonntage im Monat gibt. Die Fahrt auf dem so kurvenreichen Urwaldflüsschen war wieder ein Erlebnis für sich, wo ich nicht genügend Augen zum Schauen habe.
Die Kapelle war fast gefüllt. Ich hatte eine Trauung und elf Taufen, auch zwei Erstbeichten und –kommunionen. In der Kapelle stand während der Messe der Sarg einer am Vorabend verstorbenen 102-jährigen Frau – es war eine wortlose Predigt über die Vergänglichkeit des Lebens!
Zum Glück begleiteten mich Pe. Cristiano, ein Mitbruder, der zu einem Zusatzstudium frei gestellt ist und seine Ferien hier bei seiner Familie verbringt, und der Katechet José, so dass sie mir einige Arbeit, besonders bei der Erklärung der Sakramente und der Ausfüllung der Dokumente abnahmen. Ich kann nur hoffen, dass diese so gut gemeinten Worte auch in den Herzen der Menschen bleiben, die so weit ab vom normalen kirchlichen Leben wohnen!


Ihnen gelten im Grunde alle meine Radioprogramme, die ich auch jetzt wieder aufnehme in der Hoffnung, dass ich am 1. Mai das dreizehnte Jahrgedächtnis beginnen kann – 13 Jahre, in denen es keinen Tag gab, an dem ich nicht mein Programm hätte ausstrahlen lassen können! Ich hoffe, dass mein Mitbruder Pe. Sebastião Bonjour, der Pfarrer von Tarauacá, dann mit seinem Programm, das er täglich für den kleinen örtlichen Sender aufzeichnet, das meinige übernimmt und erneuert. Er hat eine ganz andere Art und spricht vor allem ein den Menschen sehr verständliches Portugiesisch!

Ich werde nicht arbeitslos; denn schon am Samstag und Sonntag habe ich wieder meinen vollen Dienst wegen der starken Regenzeit mit insgesamt drei Messen - wäre Trockenzeit, wären es fünf. Doch komme ich wegen der Unzugänglichkeit der Lehmstraßen nicht zu den Gemeinden am Ende der Siedlungswege. Ich hatte mich schon vorsichtshalber von allen verabschiedet. Denn ob ich im Juni wieder alle diese Gottesdienste werde halten können und müssen, ist ungewiss. Denn inzwischen haben die Redemptoristen die Pfarrei Rodrigues Alves übernommen, wozu das Siedlungsgebiet Santa Luzia gehört – ich hoffe, dass sie dann auch meine bisher betreuten Gemeinden übernehmen werden!

Wie ich schon andeutete, werde ich mich dann ganz der Fertigstellung der Übersetzung der kritischen Edition des „Rationale“ des Wilhelm Duranti widmen. Sie nimmt mich so sehr in Anspruch, dass ich sogar manchmal das Essen und sogar das Schlafen vergesse und nicht einmal in Gedanken Zeit für Sünden habe.
Ich hoffe, dass ich meinen Zeitplan einhalten und das sehr umfangreiche Werk der bedeutendsten Darstellung der Liturgie des Mittelalters bis Mitte dieses Jahres fertig stellen kann. Vorher jedenfalls gibt es keine Ferien in der Heimat! Bis aber das Werk technisch fertig werden und bei Brepols in Belgien im Druck erscheinen kann, wird es wahrscheinlich 2015 werden. Bis dahin muss der am 18. November erteilte spezielle Segen des Heiligen Vaters für diese Arbeit noch aushalten!

Viel zu tun ist auch wegen des "Bauernhofes der Hoffnung", wo nach der Regenzeit auch das zweite Wohngebäude ganz fertig wird. Sorgen macht mit nach wie vor das Projekt "Jesuskind von Nazareth" – an die Senatoren, den Gouverneur und Vizegouverneur unseres Bundeslandes gingen Bitten um Hilfen – warten wir das Ende der Ferienzeit ab, um zu sehen, ob das Jesuskind seine allmächtigen Hände auch hier ins Spiel bringt!

Wohnhaus des Bauernhofs der Hoffnung vor Fertigstellung
Wohnhaus des Bauernhofs der Hoffnung vor Fertigstellung

Lasst mich für heute diesen Brief zum neuen Jahr schließen mit den bekannten Versen von Eduard Mörike:

"In IHM sei's begonnen, der Monde und Sonnen
am hellen Gewölbe des Himmels bewegt!
Du, Vater, Du rate, lenke Du und wende!
Herr, Dir in die Hände sei Anfang und Ende,
sei alles gelegt!"