Cruzeiro do Sul, den 14.10.2013
Einweihung des zweiten Wohntrakts
Sonntag, der 13. Oktober 2013, war ein Glückstag für unseren „Bauernhof der Hoffnung Dom Luis Herbst“ in Mâncio Lima in der Diözese Cruzeiro do Sul im Bundesstaat Acre. – Nach einer knapp zweijährigen Bauzeit konnte der zweite Wohntrakt für die Neuaufnahmen der Jugendlichen, die sich von Drogen befreien wollen, feierlich eingeweiht werden!
Dom Mosé, der amtierende Bischof, Dom Luís, sein emeritierter Vorgänger, Pe. Guilherme Stader, der vor Ort die Betreuung der Jugendlichen begleitet, ich als Präsident der Stiftung, viele Ordensleute und Freunde des Werkes waren zum Teil sehr weit, sogar aus Deutschland, hergekommen. Auch die Jugendlichen, die schon den einjährigen Aufenthalt auf dem Hof mit einem Diplom beendet hatten, waren zugegen.
Die Feier begann gegen 11:00 mit der von den beiden Bischöfen und den Priestern konzelebrierten Messe in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kapelle, die der Muttergottes von Guadalupe geweiht ist. Dom Mosé erinnerte in seiner Predigt an die Lesung aus dem Buch der Könige mit der Heilung des aussätzigen Naamans und den Text des Sonntagsevangeliums von der Heilung der zehn Aussätzigen und ihre Dankbarkeit – es war nicht schwer, die Parallelen zu den drogenabhängigen Jugendlichen zu ziehen, die ja auch so häufig ausgegrenzt und ausgesetzt werden. Ihre Dankbarkeit kam am Ende der Messe zum Ausdruck, als sich alle – die früheren und die gegenwärtigen – Jugendlichen namentlich vorstellten und ihren Dank aussprachen.
Nach der Messe fuhren alle zum neuen Haus, das in einer Entfernung von ungefähr einem Kilometer auf dem zweiten Grundstück erbaut wurde, das wir zum ursprünglichen Grundstück haben hinzuerwerben können. Der Zugang war noch mit einem Band verschlossen – die Figur des Patrons des Hauses, des heiligen Apostels Judas Thaddäus, des Patrons in aussichtslosen Situationen, wurde von einem der Jugendlichen getragen.
Pe. Guilherme hielt eine überaus beeindruckende Ansprache über die noch relativ kurze Geschichte unseres Hofes und erinnerte daran, dass er den Ruf genießt, der wohl am besten geführte von allen mehr als 90 Höfen Brasiliens zu sein, so dass sogar von Ostbrasilien junge Leute zu uns kämen. Er dankte Fábio, dem Leiter des Hofes, der es auch ohne zusätzliche Spezialisten von Psychologen und Soziologen schafft, durch das gemeinsame Leben, das Gebet und die harte körperliche Arbeit unsere Jugendlichen für die Zukunft ohne Drogen vorzubereiten. Pe. Guilherme dankte auch den vielen Freunden, die gekommen waren und damit zeigten, dass sie uns weiterhin vertrauen und mit Rat und Tat und besonders mit ihren Gebeten – damit meinte er die zahlreichen Ordensfrauen - unterstützen werden. Denn bis unser Hof vollständig selbständig sein kann, wird es noch etwas dauern.
Der Schweinestalle ist vor kurzem erst fertig geworden, fast alle Boxen sind besetzt. In zwei Fischweihern wachsen die Fische, die Setzlinge für den dritten Weiher sind in Rio Branco bestellt. Wir warten auf die Maschinen, damit der vierte Weiher vergrößert und das Gelände in Ordnung gebracht werden kann.
Nach seiner Ansprache wurde das Band der Tür von Dom Luis und mir gelöst, als erster trat der Jugendliche mit dem Heiligen Judas Thaddäus ein, ihm folgte Pe. Guilherme mit Weihwasser und Wedel – die Leute zogen durch die Räume und bewunderten die so saubere Arbeit vom Fußboden bis zu den Decken.
Inzwischen war es ein Uhr geworden, und der Magen meldete sich. Er brauchte nicht lange zu warten, denn im großen Versammlungshaus hatte eine Gruppe von Freiwilligen schon das sehr geschmackvolle und reichliche Essen vorbereitet. Das Tischgebet wurde von Dom Mosé begonnen, die lange Schlange derer, die sich Teller, Messer, Gabel und einen Trinkbecher holten, war schnell abgebaut – beim Essen kam es dann zu vielen Einzelgesprächen, so dass die Mahlzeit sich ziemlich lange hinzog.
Schutzengel auf dem Heimweg
Dom Mosé hatte am Morgen in Rodrigues Alves bereits gefirmt und wollte bald nach Hause. So lud er Dr. Lothar Biskup, seine Frau Monika und mich in sein Auto und fuhr Richtung Cruzeiro do Sul – „welch ein Glück, dass die Straße bis Mâncio Lima asphaltiert ist, leider doch sehr schmal und kurvenreich“, so sagte Dom Mosé, der zügig fuhr, fast zu zügig. Denn in einer scharfen Linkskurve wäre es fast um uns geschehen: Dom Mosé konnte nur mit sehr viel Geschick den Wagen, der zum Glück durch einen der wenigen Bordsteine vor dem Hinausschießen nach draußen bewahrt wurde, herumreißen, so dass er sich auf der Straße drehte. Der Bischof fuhr auf eine nahe Einfahrt zurück, schaute, ob die Reifen vielleicht beim Stoßen gegen den Randstein und beim Drehen auf der Straße einen Schaden genommen hätten und noch die Luft hielten. Als er sah, dass scheinbar alles noch in Ordnung war, stieg er wieder ein und fuhr mehr als erleichtert in Richtung zum knapp 50 km entfernten Cruzeiro. Beim Schwimmbad am Flughafen signalisierte ein Junge, dass der rechte Hinterreifen inzwischen völlig platt war. Sehr langsam kamen wir zu einer nahen Tankstelle, wo man aber keinen Wagenheber hatte; bis zu einer Werkstatt, die trotz Sonntag geöffnet und in Betrieb war, konnte der Ersatzreifen aufmontiert werden – und wir fuhren überglücklich die letzten zwölf Kilometer nach Cruzeiro do Sul zurück. „Ich bitte um Entschuldigung für den Schrecken, den ich ungewollt eingejagt habe“, sagte Dom Mosé beim Abschied, „morgen werde ich auch die Vorderreifen nachschauen lassen, ob sie noch ganz in Ordnung sind“.
Möge dieses Erlebnis ein gutes Omen für die Zukunft des Hofes der Hoffnung sein! Was kann eigentlich noch fehlen, wenn die Schutzengel sogar bei der Rückfahrt von der Einweihung so sichtbar und wirksam eingreifen??