P. Herbert Douteil CSSp
Jesus-Schriftzug am Flussufer
Diözese Cruzeiro do Sul / Brasilien

Missionsarbeit am Oberlauf des Amazonas

Auch hier ist er angekommen, der Corona-Virus

Cruzeiro do Sul, den 19.03.2020 – Fest des heiligen Josef

Meine Lieben alle daheim – Euch einen herzlichen Gruß und die Antwort auf die so oft gestellte Frage: Ja, auch hier ist er angekommen, der Corona-Virus – es war nur eine Frage der Zeit, dass er bei der Beweglichkeit der Menschen durch das Flugzeug und das Auto auch hier ankommen würde; die ersten drei Fälle wurden in Rio Branco offiziell bestätigt, hier in Cruzeiro do Sul meines Wissens noch kein einziger – aber auch das ist nur eine Frage der Zeit, und wir müssen uns mit Umsicht und Verantwortung auf ihn und seine Folgen vorbereiten...

Die Länder Acre und das angrenzende Bundesland Amazonas haben sich den Vorschlägen der Zentralregierung und diese wiederum sich den Richtlinien der entwickelten Länder der Welt angeschlossen und sich so die Erfahrungen der Weltgesundheitsorganisation zu Nutzen gemacht: Schulen und Kindergräten sind bis auf weiteres geschlossen, die Hospitäler werden auf einen möglichen Ansturm von Kranken vorbereitet, das Personal der Gesundheitspflege wird geschult, über Radio und Rundfunk werden Informationen zur Vorsorge verbreitet, auch um eine Panikstimmung zu vermeiden, die Menschen werden gebeten, Hände häufig zu waschen und ein bestimmtes Gel zur Infektion zu benutzen, sich keine Hände mehr zu geben und unnötige Sozialkontakte einzustellen... leider zeigt der Augenschein nicht viel Erfolg: Wohl bei unserem Altenheim, wo die Pfleger mit Mundschutz arbeiten, doch nimmt der Präsident, obwohl er selbst in Verdacht steht, sich mit dem Corona-Virus infiziert zu haben, weiterhin Bäder in der Menge, schüttelt hunderte von Händen und äußert sich abfällig gegenüber den Schutzmaßnahme in anderen Ländern. Sein geistiger Vater und Führer einer der größten evangelikalen Kirchen Brasiliens, Everaldo Dias Pereira, hat das Virus als harmlos und als “Werk der Medien und des Satans” bezeichnet; kein Wunder, dass das einfache Volk die Kampagne nicht ernst nimmt - es sind die Restaurants und Stehlokale geöffnet, die Tanzlokale überfüllt...

Natürlich sind auch wir als Kirche von Gesamtbrasilien und von Cruzeiro do Sul im Besonderen gefordert; die CNBB (Conferêncial national dos Bispos do Brasil = die Nationalkonferenz der Bischöfe Brasiliens mit ihren insgesamt 365 Bischöfen) hat allgemeine Richtlinien erlassen, an die sich unser Bischof Dom Flávio angeschlossen und sie für uns in Cruzeiro do Sul angepasst hat; gestern hielt er hier in unserem Haus eine außerordentliche Versammlung der hier wirkenden Priester ab und erläuterte und ergänzte sie: Weiterhin werden wir nach dem bisherigen Schema die heiligen Messen feiern, die Kirchen werden weiterhin geöffnet bleiben, allerdings sollen die Klimaanlagen nicht angestellt werden, sollen auch die Abstände zwischen den Einzelpersonen nicht zu eng sein und sollen auch bei der Messe keine Umarmungen und Händeschütteln beim Friedensgruß erlaubt sein; alle anderen geplanten pastoralen und seelsorglichen Aktivitäten sollen regelmäßig überdacht und neue evtl. neu überdacht werden; der Religionsunterricht bei den Gruppen in den Pfarreien soll den staatlichen Normen für die Schulen folgen, die Besuche für die Alten und Kranken durch die Diener der Eucharistie sollen verstärkt und vervielfältigt werden – und man soll daheim möglichst viel den Rosenkranz oder Kreuzweg beten, die Bibel lesen und die Leidenden, Gefährdeten und ihre Helfer in der ganzen Welt ins persönliche Gebet einschließen.

Ich persönlich erinnere mich in diesem Zusammenhang sehr lebhaft an meine vielen Seelsorgebesuche im Landesinnern; der Herrgott allein weiß, an wie vielen Giftspritzen in den Mäulern der Schlangen ich vorbeikam, ohne es zu ahnen – aber deshalb habe ich keine einzige dieser Fahrten ausfallen lassen und keinen Moment durch ein übertriebenes Grübeln verloren – wusste ich mich doch als Gesandter dessen, der das Leben in seiner Hand hat und auch mich schützte und die Apostel wie Schafe unter grausame Wölfe sandte; zudem dachte ich immer an die anderen, die diesen Gefahren ständig und viel schlimmer als ich ausgesetzt waren – wie hätte ich sie verlassen können oder dürfen? Auch wenn ich jetzt wieder meine normalen Messen hier im Haus oder an den Wochenenden in den Kapellen der Stadt feiere, die relativ vielen Beichten zu hören habe, spüre ich kein wenig von Angst – ich fordere wie bei den Seelsorgereisen das Schicksal nicht durch Leichtsinnigkeit heraus, halte den normalen Abstand, vermeide das Händeschütteln, wasche mit einem Desinfektionsmittel die Hände – im Geiste sehe ich neben mir die Heiligen des Bußsakramentes vom hl. Gregor über den Pfarrer von Ars und den heiligen Pater Pio – hätten sie die Beichtstühle leer und die Menschen sich selbst überlassen?

Ein besonderes Gebet gilt allen, die von der Endemie betroffen oder unmittelbar bedroht sind, vielleicht schon gestorben sind, ich bete für alle, die ihnen helfen, auch für die Forscher, dass sie bald ein wirksames Medikament entwickeln, und die Staaten es dann auch richtig und sicher anwenden und es Erfolg zeitigt – dass wir alle uns aber nicht vom viel gefährlicheren Virus einer gottlosen Heidenangst und teuflischen Hysterie anstecken, alle möglichen Katastrophenmeldungen glauben und den gesunden Menschenverstand nicht in Quarantäne schicken!

vNoch ein Wort zum Ende: Vergessen wir nicht die anderen Plagen, die über die Welt hereingebrochen und im Moment scheinbar vergessen und für die Massenmedien, nicht aber für jeden Einzelnen der Betroffenen unwichtig geworden sind – sei es Ebola in Afrika, Aids weltweit, Malaria und Dengue hier in Brasilien, die Drogenschwemme und die davon abhängige Gewalttätigkeit, die millionenfachen Abtreibungen und die so vielen Opfer der schrecklichen Kriege und unsäglichen Gewalt – jeder kann diese Litanei fortsetzen und soll für alle Opfer beten!

Allen Lesern das Doppelte an Gutem, das Ihr mir wünscht – möge der heilige Josef gemeinsam mit seiner Braut bei seinem Pflegesohn eintreten, und auch die heilige Märtyrin Corona (+ um 175) uns die Gnaden der Gesundheit der Seele und des Leibes erflehen!

Herzlichst, Euer aller dankbarer Herbert, der beim nächsten Zwischenbericht hoffentlich bessere Nachrichten senden darf!