Bedrohung des Regenwaldes am Amazonas Brasilien

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2005 - das Jahr, in dem Amazonien ins Todeskoma fiel

Viele Titel könnte man dem vergangenen Jahr geben – auch den vom Sterben des unvergesslichen Johannes Paul II. Haben wir schon realisiert, dass auch ein anderer Patient amtlich im unwiederruflichen Todeskoma liegt? Diese Prognose wurde nicht vom Hausarzt, nicht von den Freunden und Verwandten des Sterbenden, sondern von allerersten Universitätsinstituten auf der ganzen Welt und mit Unterstützung von modernsten Rechnern und verschiedensten Datenbanken und Entwicklungsmodellen schriftlich gegeben: 2005 war das Jahr, in dem Amazonien zu sterben begann.

Wie beim Herzmuskel nach einem Infarkt, so sind auch beim Ökosystem des Amazonaswaldes einige Teile so verletzt, dass sie sich nicht mehr regenerieren können. Für Brasilien (und die Anrainerstaaten) ist es die Aufgabe dieses begonnenen Jahrtausends, den vollständigen Tod zu vermeiden. Amazonien, das vom Amazonas und seinen Zuflüssen bewässerte Gebiet, ist ja kein geschlossener Urwald, der von einer Unzahl von Flüssen und Bächen durchzogen wird, sondern ist ein überaus reiches System von so vielen, oft nicht einmal erkannten und noch weniger erforschten lebendigen Teilen, von denen ein jedes eine ganz bestimmte Funktion ausübt.


Lage heute

Lage 2060
dunkelgrün: Urwald, hellgrün: z.T. zerstörter Urwald, braun: Savannenvegetation, weiß: Weideflächen, violett: Sojaanbaugebiet, weiß mit starker Umrandung: Großstädte, blau: Flüsse

Bisher hat dieses System allen Angriffen widerstanden – denn das System war noch lebenskräftig. Doch nun schlagen mehr als 1.000 Wissenschaftler aller Kategorien und Länder, die von den modernsten und schnellsten Rechnern unterstützt werden, lauten Alarm: Das System ist in seinen Grundfesten erschüttert. Alle Daten weisen aufgrund einer globalen Erwärmung auf eine natürliche Savannenbildung hin, welche bis zum Jahre 2060 dazu führen wird, dass 30% des Urwaldes austrocknen und sich in Savannenvegetation verwandelt haben und die tropische Vegetation wird verschwinden. Diese Entwicklung wird allerdings durch die Tätigkeit des Menschen noch zusätzlich beschleunigt wird - d.h.wenn man im bisherigen Rhythmus der Abholzung und der Verwandlung in Weide- und Ackerland fortfährt, hat man bis zur Mitte dieses Jahrhunderts 40% abgeholzt.

Die Temperaturen können im Durchschnittlich zwischen 4° und 7°C steigen. Diese Klimaänderungen im Amazonsraum werden weltweit von den Südstaaten der USA über die arabischen Staaten bis nach Indonesien spürbare Einwirkungen haben. Besonders schlimm wird von ihnen aber Südbrasilien betroffen, wo wegen fehlender Niederschläge Wüsten entstehen werden. Und genau dort ist bisher die größte Erzeugung von Energie durch Wasserkraftwerke – welch ein apokalyptisches Bild, wenn einmal die Fälle von Foz do Iguaçu nur noch ein Rinnsal sein werden... - oder anders ausgedrückt: Wenn wegen der Waldbrände im Amazonasgebiet die Wasser vertrocknen, die sie füllten!

Seit Anfang der 70-er Jahre wurden 67 Millionen Hektar Urwald abgeholzt. Das meiste davon illegal – und nur 20% folgten wegen mangelnder Kontrollen und unwirksamer Strafen den gesetzlichen Vorgaben bei Holzschlag und Abtransport – sehr viel mehr wird abgeholzt, als eigentlich notwendig wäre. An die Stelle des Urwaldes tritt die Rinderzucht. 33% des brasilianischen Rinderbestandes lebt im Amazonasgebiet und wächst durchschnittlich um 6,9% pro Jahr (im übrigen Brasilien sind es 0,67%). Wenn die Rinderzucht wegen der überweideten und ausgelaugten Böden keinen Gewinn mehr bringt, tritt Sojaanbau an ihre Stelle – Rinderzucht und Sojaanbau sind verantwortlich für 80% der Abholzung – die Gesamtfläche ist doppelt so groß wie Italien.

Was tun, um den Urwald zu erhalten und gleichzeitig auch die Wirtschaft zu entwickeln? Da niemand aus Bosheit abholzt, sondern aus Notwendigkeit, muß aufgeklärt und müssen die technischen Mittel zur Verfügung gestellt werden, das schon Abgeholzte besser und vernünftig zu nutzen. Im ACRE ist es der Embrapa gelungen, den Boden so zu verbesssern, dass man die doppelte Zahl von Rindern auf derselben Fläche halten kann; auch das Rindfleisch von umweltbewussten Züchtern und das Holz von Firmen, die nachpflanzen und Forstwirtschaft treiben, soll ausgezeichnet und besser bezahlt werden.

Und warum nicht mehr Industrie ansiedeln, wie dies schon mit dem Industriebezirk von Manaus geschah? Von dieser Industrie bekommt das Bundesland Amazonas 23% seiner Steuereinnahmen, von der Landwirtschaft 13% und von der Rinderzucht 3%. Es wird eingewandt: der Industriebezirk von Manaus sei zu teuer und koste den brasiliansichen Steuerzahler jährlich ca. 2 Milliarden U$ - das stimmt zwar, doch für jeden investierten Dollar kommen 1,33 als Steuern zurück. Welche Bank kann so viele Zinsen zahlen und dadurch gleichzeitig ermöglich, dass die Regierung Geld für Entwicklungsprojekte im Landesinnern erhält? Und wie wäre es mit dem Ökotourismus? Wurde auch schon versucht; doch kommen praktisch nur Vertreter der gehobenen Mittelschicht und bieten ein Verdienstpotential von höchstens 2% des gesamtwirtschaftlichen Aufkommens.

Was aber müssen wir Missionare tun? Auf keinen Fall dürfen wir die Hände in den Schoß legen und uns den Mund verbieten lassen. Das wollte jener Großgrundbesitzer durch die Androhung eines Prozesses wegen "Rufschädigung" mit mir machen. Ich hatte seinen Bruder nach der letzten Desobriga zum Rio Ipixuna bei den Behörden und über Radio und Zeitung wegen der beabsichtigen Ausholzng des Urwaldes denunziert. Ich sah diesem Prozeß mit Ruhe gegenüber, hätte er mir und anderen Umweltschützern doch Gelegenheit gegeben, die vielen Vergehen gegen die Umwelt und die fast zahllosen illegalen Abholzungen offiziell noch einmal zur Sprache zu bringen. Dies hat der Großgrundbesitzer wohl eingesehen und seine Drohung zurückgezogen. Aber von meiner Seite wird die Wachsamkeit weiterhin groß bleiben müssen – auch auf die Gefahr nicht ungefährlicher Folgewirkungen hin! Doch sagte ich im Radiointerview auf die Frage, warum ich diese Anzeigen machte: "Es geht nicht um mich – es geht um die Zukunft aller, auch der Großgrundbesitzer; denn die hängt von der Existenz und der rechten Nutzung des Urwaldes ab".


Lage 2005
Von rechts kommt Regen vom Atlantik, regnet ab, verdunstet... Die feuchtigkeitsgeschwängerte Luft zieht der Andenkette entlang weiter nach Südbrasilien zum La-Prata-Becken und bringt dort Regen.


Lage 2060
Von rechts kommt Regen vom Atlantik, regnet ab – verdunstet nur zum kleinen Teil, streicht trocken die Andenkette entlang und bringt keinen Regen mehr zum La-Prata-Becken.

(Angaben aus: VEJA 1937, 28.12.2005, SS. 172-182: 2005 – O ano em que a Amazônia começou a morrer)

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